Mit “Nanonase” zum Erfolg … Interview mit den Siegern des 1. Nano-Kurzfilm-Festivals

Nanonase…. mit einem Zukunftsszenario zum Erfolg….
Interview Ilka Bickmann, science2public mit den Gewinnern des 1. Nano-Kurzfilmfestivals Ingo Johannsen (IJ), TU Hamburg-Harburg,  Polymer Composites, und Helge Fischer (HF), Bold Futures über interdisziplinäre Zusammenarbeit von Film und Nanowissenschaft…

Herzlichen Glückwunsch! Mit Ihrem futuristischen Szenario „Nanonase“, einem spekulativen Nanosystem, das als Gassensor, Filter oder zur aktiven Geruchsmodifikation in der Nase eingesetzt wird, haben Sie beim 1. nanospots – Nanokurzfilmfestival den 1. Preis abgeräumt. Mal neugierig vorneweg: Wie haben Sie von nanospots erfahren?

IJ: Ihre Ausschreibung erreichte uns kurz vor Weihnachten am Institut für Kunst- und Verbundwerkstoffe der Technischen Uni Hamburg-Harburg. Wegen der Terminlage war bereits Eile geboten und alle Welt ging gerade in den Weihnachtsurlaub. Außerdem stand ich erst einmal völlig alleine da mit der Ausschreibung, und fand die Sache aber total spannend. Also habe ich kurzerhand ein Projektgesuch geschrieben und an alle möglichen Filmhochschulen und andere kreative Institutionen versendet. „Die TU Hamburg-Harburg sucht Kreative Köpfe oder Filmemacher zur gemeinsamen Projektentwicklung für den Wettbewerb….“

Was hat Sie motiviert, mitzumachen?

HF: Wir, also das Team von der kreativen Seite, hatten uns gerade mit unserer Designfirma „Bold Futures“ selbstständig gemacht und waren auf der Suche nach ersten Pilotprojekten für die Kommunikation von auf technischen Innovationen basierenden Zukunftsszenarien. Da kam die Anfrage, das Gesuch genau richtig. Ingo und seine Kollegen von der TU Hamburg-Harburg sind ein sehr kreativer Haufen – das wurde uns schon nach den ersten Telefonaten klar – und so wollten wir unbedingt mit ihnen arbeiten.

IJ: Durch meine Mitgliedschaft im Graduiertenkolleg „Kunst und Technik“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft bin ich sehr an hochwertigen Projekten dieser Art interessiert. Außerdem arbeiten wir am Institut auch auf einem Teilbereich mit Nanotechnologie. Eine passende Kombination also!

Die Frage nach Henne und Ei…: Hat unser Wettbewerb nanospots Sie auf diese Idee einer „Nanonase“ gebracht? Oder lag diese Idee in Ihrem Forschungsbereich schon vor? 

IF: Es bestehen bereits seit einigen Jahren Produkte und Forschungsvorhaben in dieser Richtung, zum Beispiel geht es dabei um  Sensoren als „Spürnase“ für Gase zu verwenden. Aber wir sind vielleicht die erste Arbeitsgruppe, die daraus ein so weitreichendes und spekulatives Zukunftsszenario abgeleitet hat – nicht ganz ohne freie und kreative Assoziationen, zugegebener Maßen!?

HF: Ergänzend dazu mal von seitens Design und als Team-Partner: Zugegeben: Der Wettbewerb hat uns dazu gebracht, nach neuartigen, durchaus auch etwas spekulativeren Anwendungen im Bereich Nanotechnologie Ausschau zu halten. Die Idee in dieser Form bestand zuvor definitiv noch nicht.

Wie viel Realität ist dran an Ihrem Science-Fiction-Film?

IJ: Das ist durchaus eine zentrale Frage für die Zuschauer, und ich finde die Diskussion im Rahmen eines solchen Wettbewerbs wie nanospots sehr gut. Die zielgerichtete Veränderung oder die Verwendung von zusätzlichen Gerüchen ist ja schon seit Urzeiten ein Thema, denken sie dabei nur an das Parfüm oder den Einsatz von Geruchsstoffe in Neuwagen, oder die Idee von einem Geruchskino oder dergleichen. Wenn wir das also weiterführen und mit den neuen technischen Möglichkeiten kombinieren, wird unsere Nanonase plötzlich sehr aktuell! Es kam uns darauf an, ein mögliches Szenario in die Zukunft zu projizieren, dass aber durchaus auch bestehende wissenschaftliche Ergebnissen berücksichtigt. Ob die Welt dann aber genau solch ein Produkt wirklich braucht, sollte noch weiter diskutiert werden!?

Nanotechnologie ist im öffentlichen Diskurs immer wieder mit Ängsten besetzt. Gerade wenn es um den menschlichen Kontakt mit Produkten der Nanotechnologie geht, herrscht Unsicherheit. Sie setzen mit „Nanonase“ bewusst auf diesen Grenzbereich. Warum? 

IJ: Kreative Grenzbereiche sind sicher eine gute Ausgangslage für einen Diskurs!?. Wir wollen mit der Nanonase keine Wissensvermittlung nach altbekannten Mustern – vielmehr wollen wir dem Zuschauer die Möglichkeit geben, das Thema offen zu verhandeln.

HF: Neue Technologien sind immer zunächst – auch – mit Ängsten besetzt. Nanotechnologie als Medium, als eine Erweiterung des menschlichen Instrumentariums, kann aber, wie frühere Technologien auch, immer für gute und für schlechte Zwecke eingesetzt werden. Klar wird es Missbrauch oder Fehlentwicklungen geben, aber gleichzeitig werden wir viele neuartige Produkte und Dienstleistungen sehen, die unsere Welt bereichern. Ich bin zu sehr Zukunftsoptimist, um nicht an die überwiegend verantwortungsvolle und kreative Verwendung neuer Technologien durch den Menschen zu glauben.

 Glauben Sie, dass es eine Nanonase irgendwann echt geben kann?

HF: absolut.

IJ: Der Film bewegt sich absichtlich im unscharfen Grenzbereich zwischen Kunst und Wissenschaft und hat dadurch sehr spekulative Züge. Aber einige der beschriebenen Eigenschaften der Nanonase kann ich mir in Zukunft durchaus in einem kommerziellen Produkt vorstellen.

Zum Team: Ihr Team hat sich speziell zu diesem Wettbewerb und dieser Filmproduktion begründet. Wie haben Sie sich gefunden, wonach haben Sie sich ausgewählt?

HF: Ingo hatte auf der Nanospots-Webseite eine Anzeige geschaltet auf die wir uns gemeldet hatten, darüber kamen wir erfolgreich zusammen.

IJ: Durch unser Netzwerk konnten wir außerdem noch weitere gute Leute aus der Medienbranche für das Projekt gewinnen.

Wie lief der Prozess der Filmproduktion ab? Arbeiten da Naturwissenschaftler und Kreative im wechselseitigen Diskurs zusammen, oder bestimmt doch eher eine naturwissenschaftliche Idee, die in Design gegossen wird, die Richtung?

HF: Nach einer Themenbestimmung und kurzen Einarbeitungsphase in die Technologie und ihren Möglichkeiten sind wir, d.h. die Kreativen, mit ersten Ideen zu „den Wissenschaftlern“ gekommen. Ab da haben wir die Ideen zusammen weiterentwickelt, neue sind hinzugekommen und in mehreren Online-Konferenzen haben wir weitergesponnen und uns „die Bälle zugeworfen“.

IJ: Wir hatten eine sehr freie Idee der Projektdurchführung ohne dabei je den Faden zu verlieren. Ich glaube, neben dem Film, war eben die Organisation im Team unser eigentliches Meisterwerk. Natürlich hatten wir ein zentrales Projektmanagement– wer möchte schon ein Schiff ohne Kapitän betreten. Aber jeder von uns hatte die Möglichkeit, auch über den Tellerrand hinaus zu sehen und sich in fachfremden Arbeitsgebieten mit tollen Ideen einzubringen. Die Motivation in der Gruppe war sehr stark. Es waren am Ende mehr als zwölf interdisziplinäre Mitglieder im Team vertreten und jeder hat seine besondere Fähigkeiten eingebracht. Besonders diese freie Ausgangslage war die Chance für die Gruppe!

Hatten Sie bei der Produktion Verständigungsprobleme oder andere Herausforderungen, denen Sie im normalen Arbeitsalltag so nicht begegnen?

HF: Nein.

IJ: Ja klar, immer! Da hilft nur miteinander zu reden! Das ist ziemlich spannend!

Mal ehrlich: Wieviel Zeit (in Stunden) und wie viel Geld (in Euro) haben Sie in die „Nanonase“ gesteckt? Wurden Sie dabei – von wem? – unterstützt?

HF: Für uns war das ein Projekt, mit dem wir uns ausprobieren konnten. Dafür haben wir insgesamt schon einige Wochen investiert. Geld wurde nur indirekt, also durch unsere Arbeitszeit, investiert. Weiter konnten wir zahlreiche befreundete Designer begeistern, dass sie uns halfen und so Teil des Projekts wurden.

Was haben Sie für sich aus dieser Erfahrung gewonnen? Was würden Sie neuen Teilnehmerinnen und Teilnehmern von nanospots als Nano-Kurzfilm-Wettbewerb empfehlen?

IJ: Beim ersten Wettbewerb waren auch die anderen Beiträge auf einem recht hohen technischen Niveau. Aber mit einer guten Story kann ich mir durchaus auch sehr einfache Formate, vielleicht einen Film von der Handykamera, eine Interviewserie oder Multimediakunst vorstellen.

HF: Ich glaube, um möglichst viele Menschen mit dem Thema Nanotechnologie zu berühren, ist es vielfach hilfreicher, weniger die ganz genaue Funktionsweise der einzelnen Technologien zu erklären, sondern eher aufzuzeigen, was man damit realisieren könnte, wie Nanotechnologie künftige Lebenswelten verändern könnte. Meine Empfehlung wäre also, ein bisschen weniger bildungsorientiert an das Thema heranzugehen und eher Visionen zu kommunizieren und zur Debatte zu stellen, wie Nanotechnologie in der Zukunft angewandt werden könnte oder sollte.

Last but not least: Wie gefällt Ihnen unser neues Thema: Gefühlt Nano. Wie fühlt sich Nano an? Sind Sie wieder dabei?

HF: Ohne zuvor gesicherte finanzielle Unterstützung ist ein derartiger „Stunt“ (also mit Null-Budget) in Zukunft wohl nicht noch einmal möglich. Weiter möchte ich noch sagen: Ich fände es gut, wenn der Wettbewerb in Zukunft geöffnet würde, also nicht mehr nur für Universitätsangehörige offen wäre. Diese Einschränkung scheint mir ohne Not sehr exklusiv zu sein. Warum sollten nicht auch Filmschaffende oder Designer auf Wissenschaftler zugehen können, um mit ihnen zu kollaborieren?

Wir danken für das Interview! Weiterhin viel Erfolg!